BREITENBERGER Philipp
Das Versprechen der Sprache
»Die Sprache verspricht (sich).« – Zu dieser mehrdeutigen correctio des berühmt-berüchtigten Diktums Heideggers kommt Paul de Man am Ende einer seiner Rousseau-Lektüren. Jacques Derrida greift diese Auseinandersetzung in seinen Vorlesungen über den verstorbenen Freund auf und entwickelt die These, »dass das Wesen des Sprechens das Versprechen ist«. Als Sprechhandlung steht das Versprechen an der Kreuzung der Problembereiche Sprachphilosophie, Handlungstheorie, Sozialphilosophie und Ethik. In der »spekulativen« Doppeldeutigkeit des Wortes ist das Versprechen – als Zusage und Lapsus – auch Thema meiner Masterarbeit, der die Forschungsfrage zugrunde gelegt ist: Inwiefern lässt sich das Versprechen im Ausgang von Derrida als Grundstruktur der Sprache denken?
Die zentralen Quellen für meine Arbeit sind die entsprechenden und in der Bibliographie angeführten Texte von Heidegger, de Man und Derrida; darüber hinaus Grundlagentexte der Sprechakttheorie (Austin), Psychoanalyse (Freud) und des französischen Phänomenologen Jean-Louis Chrétien, der dem Versprechen ein ganzes, bisher unübersetztes und im deutschsprachigen Raum kaum rezipiertes Buch gewidmet hat. Sichtet man den aktuellen Stand der Forschung, fällt auf, dass philosophische Auseinandersetzungen mit dem Versprechen, insbesondere die Rezeption Derridas und der Dekonstruktion, vor allem im Kontext der Sozial- und politischen Philosophie stehen. Der Analysegesichtspunkt der Quellen wird daher in meiner Arbeit vor allem ein sprachphilosophischer sein, der danach fragt, was das Versprechen über die Struktur von Sprechen und Sprache zu erkennen gibt. Die theoretischen Positionen, die in der Arbeit behandelt werden und die sich durch den Problembereich und die Quellenlage ergeben, sind Dekonstruktion (v.a. Derrida, de Man, Butler), Phänomenologie (v.a. Chrétien) und (linguistische) Pragmatik (v.a. Austin).
Das methodische Vorgehen besteht – neben einer kritischen Auseinandersetzung mit den Quellen und deren teils konträren Positionen – darin, vom angedeuteten Problemkontext ausgehend, zunächst das Versprechen als Sprechakt hinsichtlich seiner Struktur, aber auch seiner ethischen und politischen Implikationen zu untersuchen. Danach soll mit Rekurs auf die Psychoanalyse sowie die zeichentheoretischen Überlegungen der Dekonstruktion das Versprechen als lapsus linguae behandelt werden. Neben den konkreten Vorarbeiten der Auswahl und intensiven Lektüre der grundlegenden Quellen sowie einer ersten Literaturrecherche und Einarbeitung in den Forschungsstand, ist die Auseinandersetzung mit Dekonstruktion und Sprachphilosophie seit Beginn meines Studiums zu nennen. Mein Erkenntnis- und Forschungsinteresse besteht vor allem in der Frage nach dem Verhältnis von Denken und Sprache bzw. genauer: in einem pragmatischen Sprachdenken, das Zeichensystem und Handlung zusammendenkt. Das Ziel der Arbeit ist es, das Verhältnis von Versprechen und Sprache strukturell zu klären bzw. zu präzisieren. Zudem soll die Arbeit auch eine Rezeption des Denkens von Chrétiens leisten.
DRUJAN Anna
Eingebettetes Erkennen. Das Erkennen mit Hegels Phänomenologie des Geistes und Heideggers Sein und Zeit denken
Hegel und Heidegger haben zwei völlig unterschiedliche Ansätze eine klassische Erkenntnistheorie zu kritisieren, die die Diskussion des Erkennens von der Wissenschaft abgrenzt und es als ein Mittel denkt, das eine Kluft zwischen Subjekt und Objekt überwinden soll. Während Hegels Vorgehen sich eher als dialektisch-kritisch verstehen lässt, kann Heideggers Kritik als ein Aufzeigen eines Zugrundeliegenden, als eine Freilegung gedeutet werden. In meiner Lesart lassen sich diese unterschiedlichen Ansätze jedoch produktiv vereinen, wenn man sie wie ihren Gegenstand selbst in einer dynamischen Verschränkung denkt.
Für diese Lesart ist das zentral, was sich in meiner Interpretation des hegelschen Erkennensbegriffs als Konsequenz der Bewegung der Erfahrung als der Weg der Phänomenologie des Geistes ergibt und gleichzeitig einer jeden Erfahrung dieser Bewegung vorausgeht und was ich als Heideggers ontologische Grundannahme des In-der-Welt-seins verstehe: das Eingebettet-Sein des Erkennens. Diese Einbettung des Erkennens in eine dynamische Welt, die von einem stetigen Entstehen und Scheitern diverser Bewusstseins- und Gegenstandskonstellationen geprägt ist, hat den grundlegenden Zug der Offenheit einer Totalität. Diese Offenheit ist dabei nicht als ein fortschreitender Progress eines sich stetig bessernden Erkennens gedacht, sondern als grundsätzliche Dynamik der Welt, die sich stets modifiziert und ausdehnt. Der Motor dieser Dynamik wird dabei ein spezifisches Verhältnis von Identität und Differenz im Aufeinandertreffen von Individuen sein; Alterität als Bedingung für Erkennen-in-Bewegung.
Das Ziel meiner Masterarbeit ist es daher, ausgehend hiervon das Erkennen zu verstehen und es zu entfalten als ein immanentes Erkennen einer transzendenten Welt, als bewegtes und mit der Dynamik der Welt verschlungenes, als eingebettetes Erkennen.
FABER Christian
Gottes Reich im Reich der Freiheit. Zum Jenseitswiderspruch des religiösen Sozialismus bei Paul Tillich und Otto Bauer
Neben der marxistischen Kritik der Religion als Ideologie und somit als herrschaftssicherndes Element, scheint noch ein anderes Unvereinbarkeitspostulat das schlagende Argument gegen eine produktive Symbiose von emanzipativer Politik und Glaube zu sein: Die Frage nach Ort, Zeit und Mittel der Befreiung resp. Erlösung. Während der Marxismus die unbedingte Autonomie des menschlichen Handelns und die Kontingenz der gesellschaftlichen Verhältnisse betont, die es somit ermöglichen (sogar gebieten) das Reich der Freiheit im Hier und Jetzt zu verwirklich, findet sich in der christlichen Glaubensgeschichte die Annahme, dass die vollendete Erlösung erst im Jenseits tatsächlich Gestalt annehmen kann.
Von diesem politisch-theologischen Problem unbeeindruckt bildeten sich in Europa Gruppen und Bewegungen unter der Losung des religiösen Sozialismus. Während der Bund der religiösen Sozialisten Österreich (1926) den konkreten politischen Kampf für das Proletariat kämpfte und nebenbei gegen die lehramtlichen Unvereinbarkeitsbeschlüsse von Sozialismus und Christentum der Kirche anschrieb, bildeten sich in Deutschland verschiedene avantgardistische Gruppen und Verbünde, die ebenfalls an einer Symbiose zwischen den sozialistischen und der christlichen Menschheits- und Gesellschaftslehre arbeiteten. Im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen stellvertretend für Österreich (der kleine) Otto Bauer und Paul Tillich für Deutschland. Inwieweit das oben skizzierte Problem in Theorie und Praxis der religiös-sozialistischen Gruppen gelöst wird, ist Gegenstand dieser Arbeit.
FELLNER Laurenz
Genese der Unmittelbarkeit. Zum Begriff des Vergessens in Hegels Phänomenologie des Geistes
In der Masterarbeit soll der Begriff des Vergessens innerhalb von Hegels Phänomenologie des Geistes systematisch erarbeitet werden und davon ausgehend ins Verhältnis zu anderen philosophischen Diskursen um das Vergessen gesetzt werden. Das Vergessen scheint vielleicht auf den ersten Blick einen nur akzidentiellen und zu vernachlässigenden Aspekt des hegelschen Denkens zu berühren. Ein solcher Blick könnte sich auch erhärten angesichts der fehlenden Literatur zur besagten Problematik. Hegel gilt gemeinhin nicht als Theoretiker des Vergessens. Philosophische Literatur, die sich dem Vergessen annimmt, stützt sich dabei eher auf die Tradition der Psychoanalyse oder auf die Theorie Nietzsches. Zu Hegel finden sich aber durchaus Publikationen, die sich mit der Erinnerung auseinandersetzen, jenem prominenten Thema im Abschnitt zum absoluten Wissen. Davon ausgehend lässt sich natürlich fragen, warum dem Vergessen, dem anscheinend weniger glanzvollen Vorgänger der Erinnerung, so wenig Beachtung geschenkt wird. Es ist dem hegelschen Denken schließlich keineswegs fremd. An mehreren Stellen thematisiert Hegel das Vergessen ganz explizit in der Phänomenologie des Geistes. Über die besagten Stellen hinaus kann dem Vergessen auch eine systematische Relevanz eingeräumt werden, die sich durch das gesamte Buch hindurchzieht.
FLEISCH Adrian
Deleuzes Exzess
Rekonstruktion einer kritischen Ontologie des Transzendentalen
Der Begriff „Exzess“ taucht nur sporadisch im Werk von Gilles Deleuze auf, dann jedoch an Kulminationspunkten seiner spekulativen Ontologie, wie etwa die oben angeführten letzten Sätze aus Differenz und Wiederholung (1992). Die hier vorgeschlagene Arbeit soll den Versuch unternehmen, diesen Begriff systematisch in sein Frühwerk einzuordnen. Es soll herausgearbeitet werden, inwiefern über diesen Begriff sich im System von Deleuze Transzendenz als abgeleiteter ontologischer Modus herausstellen lässt. Ausgehend von Heideggers Neulektüre der Kritik der reinen Vernunft unter fundamentalontologischem Gesichtspunkt soll Deleuzes Radikalisierung Heideggers durch die Idee der Univozität nachgezeichnet werden. In Bezug auf die Kritik durch Alain Badiou (2003) soll die Univozität des Seins als Idee im Sinn von Deleuzes Ideenbegriff ausgelegt werden.
In einer genaueren Verhältnisbestimmung von Univozität und dem Begriff der Mannigfaltigkeit soll die Deleuzeinterpretation von Badiou problematisiert und gezeigt werden, dass der Vorwurf, im Denken der Univozität den Anspruch kritischer Philosophie aufzugeben, nicht haltbar ist. Der bei Deleuze eingeführten Dichotomie von Implikation und Explikation soll die Alternative von Exzess und Entzug entgegengestellt werden. Entzug entnehmen wir Heidegger, der damit die Verstellung von Möglichkeit durch eine je situative Aktualisierung beschreibt. Der Begriff soll als affirmatives Substrat von Phänomenen fungieren, die traditionell (in gewisser Weise auch bei Heidegger) negativ beschrieben werden (vgl. GΑ 9, 167 ff.). Auf Grundlage dieser neuen begrifflichen Kartieung soll versucht werden das Konzept des „transzendentalen Empirismus“ (TE) (z.B. Deleuze, 1992, 84) zu fassen.
Hierfür soll die Zweideutigkeit in dieser Begriffsschöpfung herausgestellt werden. Erfahrung exzessiver Phänomene etwa aus psychodelischem, hedonistischem oder musischem Experimentalismus ist TE erst in Sekundärem, abgeleiteten Sinn. Hier könnte das Werk von Georges Bataille beispielhaft veranschaulichen, was gemeint ist (dafür müsste ich mich jedoch noch einarbeiten. In weiterem Sinn wäre hier auch eine größere Kritik der phänomenologischen Tradition skizzenhaft umreißbar). Ursprünglich-ontologisch bedeutet TE: Empirismus als Widerfahrnis einer unsinnlichen Erfahrung, „in dem Wahrnehmen und Denken durch die Empfindung dessen, was nicht empfunden werden kann, schockhaft initiiert werden.“ (Diefenbach, 552). Diese aphänomenale Form der Erfahrung soll als ursprünglicher (und apriori desexualisierter) Exzess ausgemacht werden, der die ontologische Grundlage für die Suche nach Bedingung der Möglichkeit der phänomenalen Erfahrung im Sinne Kants bildet.
HAUPTMANN Maximilian
Die Wieder-Holung der Wirklichkeit
Zum Phänomen der Wiederholung in Gilles Deleuzes "Differenz und Wiederholung" und Peter Handkes Schreiben
Die geplante Masterarbeit soll eine Verbindung aufzeigen zwischen Gilles Deleuzes Überlegungen zur Wiederholung, wie er sie vor allem in dem Werk „Differenz und Wiederholung“ formuliert, sowie Peter Handkes Werk, wobei der Fokus der Arbeit auf seinen Romanen bis „Die Wiederholung“ von 1986 liegen wird. Ausgehend von der Seminararbeit „Es wiederholt sich, also bin ich? Das Phänomen der Wiederholung in Gilles Deleuzes ,Differenz und Wiederholung‘ und Peter Handkes ,Die Wiederholung‘“, geht die geplante Arbeit davon aus, dass sowohl Deleuze als auch Handke die Wiederholung als Strategie der Wahrnehmung begreifen. Während Deleuze die Wiederholung einer philosophischen Analyse unterzieht, wird sie in Handkes Werk zu dem vorherrschenden literarischen Stilmittel. Ein Vergleich ist sinnvoll, da sich beide nachweislich auf die Schriften des Nouveau Roman stützen. Zur Idee eines „neuen Realismus“ hat die Gruppe um Alain-Robbe Grillet, Nathalie Seurrat und Michel Butor viel geschrieben. Die Merkmale des Nouveau Roman sind u.a. eine Kritik metaphysischer Konzepte, eine radikale Sprachskepsis (die Sprache kann nicht erklären, sie kann nur beschreiben) sowie eine Neudefinition des Erzählers als für die Umwelt offenes und von der Sprache beherrschtes (und nicht die Sprache beherrschendes) Subjekt.
KORIAT Viola
"Die schöne Seele"
Begriffserkundungen mit Fokus auf Friedrich Schillers philosophischer Schrift
Die von christlich-platonischen Grundüberzeugungen und dem klassischen Ideal der Kalokagathia geprägte Vorstellung der ,,schönen Seele“ diente als Manifestation des idealen Menschen und höchste Ausprägung menschlicher Tugend, Sittlichkeit und moralischer Schönheit: Die Konzeption des Charakter- und Menschentypus der ,,schönen Seele“ überwand nationale, kulturelle, ideologische und geschlechtliche Grenzen und entwickelte sich zu einem zentralen Konzept in der westlichen Welt. Im Laufe des 18. Jahrhunderts erfuhr sie mit der Weiterentwicklung der Begriffe von Schönheit und Moral in Friedrich Schillers Schrift Über Anmut und Würde (1793) ihre wahre Ausformung als Bildungsziel und klarste theoretische Gestalt. Schiller reagierte mit seinem Konzept auf verschiedene Tendenzen und Diskurse, griff Elemente der Säkularisierung, Pädagogisierung und der Kritik an der rationalen Vernunft auf und wendete sich gegen den Kantianischen Rigorismus. Er sah die „schöne Seele“ und ihre äußere Erscheinung, die Grazie, als Ausdruck einer harmonischen Einheit von Sinnlichkeit und Verstand sowie von Pflicht und Neigung. Die ,,schöne Seele“ stieg zum ethischen Ideal der Aufklärung auf, gleichzeitig ging mit der Blüte auch das Einsetzen des langsamen Niederganges des Begriffs einher. Ein Aspekt, der in aktuellen Debatten hinsichtlich der „schönen Seele“ thematisiert wird, ist die Frage, ob diese spezifisch weiblich ist und Frauen als Ideal aufgedrängt wurde. Ziel der vorliegenden Masterarbeit ist die Erforschung der ,,schönen Seele“ – als literarisches, theologisches, philosophisches und gesellschaftliches Phänomen. Chronologisch werden die Begriffsgeschichte und der Bedeutungswandel detailliert dargestellt und anhand literarischer Werke führender Dichter und Denker des deutschen, französischen und englischen Klassizismus und Idealismus illustriert. Es wird untersucht, was eine „schöne Seele“ ausmacht, wie sie erreicht werden kann, ob Seelenschönheit geschlechtsspezifisch ist und welches Modernitätspotenzial sie besitzt. Insgesamt wird argumentiert, dass Schillers Konzeption als Wendepunkt in der Geschichte des großen Bildungsideals der ,,schönen Seele“ zu betrachten ist. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass die ,,schöne Seele“ in ihrer Natur unsystematisch und vielfältig erscheint und begrifflich kaum fassbar ist. Seelenschönheit ist weder ein ausschließlich geschlechtsspezifischer, psychologischer noch theologischer Begriff, sondern eher ein Habitus. Die problematische Beziehung zwischen dem ästhetischen und moralischen Bereich beschwert das Konzept zusätzlich. Selbst die glühendsten Verfechter der ,,schönen Seele“ müssen sich eingestehen, dass diese kein ethisches Postulat sein kann, da sie für den bloßen guten Willen unerreichbar ist und sich stets nur annähernd verwirklichen lässt.
KRIVANEC Sebastian
Subjekt und Begehren bei Hegel und Lacan
KUNGURTSEVA Sofiia-Olga
Das Opfer des Wissens: Zur Verortung des Opferbegriffs in Hegels "Phänomenologie des Geistes" und der ausgewählten Hegel-Rezeption
Das Opfer ist in Hegels Philosophie zwar keine selbständig ausgearbeitete Kategorie, aber eine Denkfigur, die in vielerlei Hinsicht seinem philosophischen Anliegen nicht fremd ist. Möglicherweise lässt sich das Opfer sogar im Kern seiner spekulativen Denkbewegung verorten, und zwar als ein Element, von dem aus die Gesamtheit des Wissens erfasst werden kann. In diesem Sinne birgt Hegels Verständnis vom Opfer meiner These nach das Potenzial, die gesamte spekulative Denkbewegung aus einem unkonventionellen Blickwinkel zu beleuchten. Inhaltlich teilt sich die Arbeit in drei Abschnitte: Erstens gehe ich der Frage nach, was das Opfer in der Phänomenologie des Geistes zu einem für das spekulative Denken aufschlussreichen Begriff macht und welchen Sinn dieser für die Bewegung des Wissens hat. Zweitens soll das Opfer als Erscheinungsform der Negativität durch die Bezugnahme auf ausgewählte Schriften der Hegel-Rezeption, insbesondere Schriften von Giorgio Agamben und Jean-Luc Nancy, dargestellt werden. In der Auseinandersetzung mit Hegel und den genannten Rezipienten wird drittens eine Dialektisierung des Opferbegriffs angestrebt, die die üblichen Einwänden gegen Hegels Philosophie – insbesondere hinsichtlich der angeblichen Vernachlässigung der menschlichen Wirklichkeit zugunsten geistiger und historischer Vollendung – in Frage stellt. Mit meiner Arbeit möchte ich zuletzt also klären, ob das Opfer nach Hegel tatsächlich jeder Logik des Tausches, der Nützlichkeit, der Instrumentalisierung und der abschließenden Rationalisierung entgeht.
NEUWIRTH Josef
One World - Konstruktion von Universalgeschichte bei Th. W. Adorno mit Bezug auf O. Spengler
In der aus dem US-amerikanischen Präsidentenwahlkampf 1943 stammenden Formel „One world“ wähnt Adorno am bündigsten seine universalgeschichtlichen Vorstellungen als einer Einheit, eines die bestimmenden Momente umfassenden Ganzen ausgedrückt. Dem liegt das Leitthema, das Verhältnis von Allgemeinem, dem großen Zug, zum Besonderen, Individuellen zugrunde. Adorno entwickelt seine Konstruktion von Universalgeschichte in zunehmend kritischem Bezug zur Geschichtsphilosophie Hegels, dessen Dominanz des Allgemeinen durch Identitätsfixierung unter Ausschluss des Nichtidentischen Herrschaft über das Individuum ausübt.
Wie Geschichtsphilosophie Adorno von seiner Antrittsvorlesung (1931) bis zur „Negativen Dialektik“ (1966) begleitet, so auch die vielfachen Erwähnungen der Geschichtsmorphologie Oswald Spenglers, gehäuft in seiner zweiten Vorlesung „Zur Lehre von der Geschichte und von der Freiheit“ (1964/65), deren erster Teil den Kern dieser Ausführungen bildet. Zumeist sind es Vergleiche, wie Volksgeister – Kulturseelen (ND), seltener kritische Zurückweisungen, die allesamt wesentliche Aspekte betonen und auf eine vorausgesetzte Kenntnis hindeuten.
Es werden daher die wesentlichen Etappen seiner Geschichtsphilosophie unter Einschluss der wesentlichen Impulse von Karl Marx, Walter Benjamin und Georg Lukacs, wie auch Spenglers Schriften mit deren massiver Kritik rezipiert. Über den von Adorno stets zurückgewiesenen faktenzentrierten, positivistischen Geschichtsbegriff ergeben sich Einwände gegen Herbert Schnädelbachs Kritik, sowie die generelle Frage nach der Möglichkeit einer – ohne bereits sinnintendierten – Universalgeschichte.
Die Rezeption von Adornos Geschichtsphilosophie, mehr noch seiner Kritik an Oswald Spengler erfolgte in enger Zusammenarbeit mit dem von Thomas Mann erschienenen Roman „Doktor Faustus“.
STADLER Maximilian
Immanenz und Hierarchie. Untersuchung zu einer Wendung Heideggers
STARKE Tim
Anarchistische Theorie in den Werken Franz Kafkas
Franz Kafka ist unbestreitbar einer der bedeutendsten Autoren aus Deutschland. Nicht nur werden seine Texte oft gelesen und rezipiert, auch über die Person selbst wird oft referiert und geforscht. In dieser Arbeit soll besonderes Augenmerk auf die politische Seite von Franz Kafka und seinen Texten gelegt werden. Der Weg dazu führt durch die Lektüre von Kafkas Prosa, der Auseinandersetzung mit dem politischen Engagement des Autoren und der Aufbereitung der anarchistischen Theorie, welche dem Autoren bekannt war. Dazu dient nicht zuletzt eine Sicht auf die Texte Kafkas durch die Augen von Gilles Deleuze und Felix Guattari, die uns eine philosophische Perspektive sowohl auf einen politischen Anti-Autoritarismus sowie auf Kafka als Person und Autoren liefern.
WARNECKE Irmela
Robert Brandom liest Hegels Phänomenologie des Geistes. Von der inferentiellen Semantik zur sprachlichen Normativität. Ist Brandoms Im Geiste des Vertrauens ein innovativer Interpretationsansatz mit Grenzen?
Vertreter der Analytischen Philosophie haben in den vergangenen Jahrzehnten mit Hilfe von Argumenten Hegels Diskussionen im Bereich der Ontologie, Semantik und der Epistemologie eröffnet. Robert B. Brandom baut bereits im Jahr 1994 eine eigene geschlossene systematische Theorie zu Bedeutung, Bezugnahme, Intersubjektivität, Normativität, Objektivität und Erkenntnis auf, der eine funktionalistische Neubegründung von Sprache und Begriff unter dem Etikett inferentielle Semantik enthält. Den Schlüssel zu entscheidenden Eckpunkten seiner Pragmatik (Anerkennung) sowie seiner Semantik (Interferenz) findet er nach eigenen Angaben zu einem späteren Zeitpunkt bei Hegel. Bei Brandoms philosophischen Erklärungsversuchen stehen die Sprache und die soziale Praxis, das Handeln des kompetenten Sprechers, somit Semantik und Pragmatik, im Vordergrund. Die Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks ist begründet durch seine inferentielle Position in einem logischen Geflecht von Folgerungszusammenhängen innerhalb anderer sprachlicher Ausdrücke.
Die Masterarbeit wird sich schwerpunktmäßig mit den folgenden Fragen befassen. Ist es Brandom mit Im Geiste des Vertrauens (2019/2021) gelungen, eine eigenständige gleichwertige innovative Neuinterpretation der Phänomenologie des Geistes zu erstellen? Ist das Hegelsche Konzept des Begrifflichen durch die inferentielle Bedeutungstheorie, durch den semantischen Inferentialismus adäquat darstellbar?
WEINGARTSHOFER Marian
Jean Wahl und Gilles Deleuze - von Kierkegaard zu Nietzsche?
Versuche einer Verhältnisbestimmung